Resilienz – Am Leben wachsen
Work-Life Balance, Work-Life Blending und das Mindset
Wenn man die eine Erkenntnis aus der Pandemie mitnehmen kann, dann ist jene, dass es sich durchaus lohnt, sich intensiv mit der eigenen Resilienz zu beschäftigen; Aus privater sowie aus beruflicher beziehungsweise unternehmerischer Perspektive. Physisch als auch mental.
In den vergangenen knapp 24 Monaten hat sich bei vielen Menschen nämlich nicht nur das Stresslevel per se, sondern auch die Art der Belastung geändert. Während man seinem eigentlichen Job im Unternehmen oder als Selbständiger nachging, war man gleichzeitig beispielsweise Kindergärtner, Lehrer, Haushalts Jongleur, Koch, Coach für Freunde und vieles mehr.
Dabei sind die eigenen Bedürfnisse vielleicht häufiger in den Hintergrund geraten, als einem lieb ist. Work-Life Blending schlich sich still und heimlich ein und ließ bei Manchem die Work-Life Balance aus ihrer Mitte geraten.
Bei Anderen ist allerdings der umgekehrte Fall eingetreten. Endlich spart man sich die tägliche lästige Fahrzeit zur Arbeit und nutzt die neu gewonnene Freizeit, um Sport zu treiben, ein gutes Buch oder einen Blogartikel zu lesen oder sich einfach mal ein entspanntes Frühstück zu gönnen.
Was machen diese Menschen anders? Ist ihre Resistenz gegen äußere Einflüsse bereits gestärkt oder haben sie eine andere Sicht auf die Dinge? Und was hat das Mindset damit zu tun?
Das und warum nicht nur die individuelle Resilienz wichtig ist, um gestärkt aus einer Krise hervorzugehen, sondern warum es durchaus auch für Unternehmen sinnvoll ist, ihren Blick diesbezüglich zu schärfen, erfährst Du in diesem Blogartikel.
Sein oder Schein
„Gesundheit wird von Menschen in ihrer alltäglichen Umwelt geschaffen und gelebt: dort, wo sie spielen, lernen, arbeiten und lieben.“ (WHO 1986).
Nach über 20 Jahren in der Finanzwelt, arbeitend für vier Banken, zwei Versicherungsunternehmen und etlichen gemeinsamen Projekten mit zahlreichen europäischen Bluechips und mittelständischen Unternehmen finde ich es immer wieder spannend zu sehen, was im Bereich der Resilienzförderung geredet und was davon letztlich umgesetzt wird.
Die Awareness bezüglich der Wichtigkeit der eigenen Widerstandsfähigkeit ist sicherlich gestiegen. Auch das Angebot für Privatleute oder Firmen ist besser geworden, als es noch vor 20 Jahren war. Warum kämpfen dann aber immer noch so viele Unternehmen mit hohen Krankeitstagen der Mitarbeiter.
Warum steht Burnout noch immer weit so oben auf der Liste, gesundheitlicher Ausfälle? Und warum denken Unternehmen hinsichtlich Kostensenkungen nicht um – nämlich dahingehend, dass sie in die Gesundheit der Mitarbeiter wirklich investieren? Großen Reden, große Taten folgen lassen.
Resilienz ist sowohl für die Privatperson als auch ein Unternehmen eine wichtige, wenn nicht eine der tragenden Säulen des Gebäudes „Zukunftsfähigkeit“.
Die Basis für alles ist das richtige Mindset, aber dazu später mehr. Zunächst ein paar Grundlagen.
Was ist Resilienz
Wenn Du das Wort Resilienz googelst, dann erhälst Du über 7,5 Millionen Einträge in denen sie als das Immunsystem der Seele, als mentale Widerstandsfähigkeit oder „als Fähigkeit, schwierige Lebenssituationen ohne anhaltende Beeinträchtigung zu überstehen“ (Definition nach Oxford Dict.) beschrieben wird.
Resilienz ist an den lateinischen Begriff resiliare angelehnt, der „abprallen“ oder „zurückspringen“ bedeutet. Ähnlich wie beim Lotus-Abperleffekt geht es darum bestimmte Dinge an sich abperlen zu lassen, oder anders ausgedrückt: sie erfolgreich zu meistern. Seien es belastende Ereignisse, Worte anderer oder negative Emotionen.
Das bedeutet mitnichten, dass man abstumpfen soll. Jedoch darf man bestimmte Themen ganz bewusst im Aussen belassen und sich anstatt dessen Eigenschaften zu Nutze machen, die gegen negative äußere Faktoren schützen.
Mit Hilfe von Resilienz kannst Du Dich für neue Themen und Wachstum öffnen und gelassen mit Deinen Emotionen umgehen. Du sorgst dafür, dass sich die bestimme Ereignisse nicht in Deiner Psyche festsetzen, sondern Dich vielleicht im Moment beschäftigen, dann aber vorbeiziehen ohne größere Schatten zu hinterlassen.
Wenn auch noch viel zu wenig, freue ich mich darüber, dass Resilienz mittlerweile an einige Schulen als Unterrichtsfach gelehrt wird – im Ausland mehr als in Deutschland, aber immerhin ein erster Schritt in die meiner Meinung nach richtige Richtung. Denn grade im Kindesalter werden die Anlagen für das weitere Leben gesetzt.
Resilienz – mehr als eine Modeerscheinung
Es gibt mehrere Gründe, warum Resilienz sowohl im privaten als auch im beruflichen Kontext ein hilfreicher Wegbegleiter ist. Oben erwähnte ich bereits, dass sie uns hilft, beispielsweise Schicksalsschlägen oder den Herausforderungen des Lebens tendenziell gelassener gegenüber zu stehen oder sogar durch sie zu wachsen.
Stress
Wir alle haben in irgendeiner Art und Weise Stress, auch wenn wir es uns nicht immer eingestehen. Es gibt den sogenannten Eustress. Er entsteht, wenn wir in der Sache, die wir tun, aufgehen, vielleicht sogar einen Flow Zustand erreichen. Wir vergessen die Zeit um uns herum und fühlen uns hoch energetisiert.
Leider übersehen wir dabei auch manchmal unsere Grundbedürfnisse wie Essen, Trinken oder Schlafen. Du siehst also, auch ein Zuviel an Eustress kann auf Dauer ungesund sein.
Daneben gibt es den Distress, quasi den negativen Stress. Mehr zum Thema Stress und wie Du mit ihm umgehen kannst findest Du hier. Resiliente Menschen haben in der Regel bessere Coping Mechanismen für schwierige Zeiten. Sie bewahren die Ruhe, während Manch einer schon längst mit dem Kopf durch die Wand gejagt oder zusammengebrochen wäre.
Veränderungen
Veränderungen bringt einige Menschen aus der Ruhe, was nicht nur daran liegt, das unser Gehirn im Autopiloten Modus deutlich weniger Energie verbraucht, als wenn es plötzlich umdenken muss. Veränderungen setzen in der Regel voraus, dass man seine Komfortzone verlässt, in der man es sich vielleicht bereits seit Jahren gemütlich gemacht hat.
Agiles Arbeiten, Work-Life Blending sind nur zwei Schlagworte innerhalb von „New Work“ denen Du mit einer guten Resilienz entspannter begegnen kannst.
Work Life Balance
Arbeite, um zu leben. Lebe nicht, um zu arbeiten – heutzutage leichter gesagt als getan. Und doch, mit Resilienz und Achtsamkeit wird es Dir leichter fallen, die Linie zwischen Work Life Balance wieder zu schärfen und nicht permanent in ein Work-Life Blending zu verfallen.
Das Gehirn
Der Hippocampus wird gerne das Tor zum Langzeitgedächtnis genannt. Im Hippocampus tummeln sich auch die Nervenzellen, die für die Messung des Cortisolspiegels (Stresshormon) im Blut zuständig sind. Diese Nervenzellen können durch ein Übermaß an Cortisol geschädigt werden.
Ein Zuviel an Cortisol wird unter Anderem durch ein zu hohes Stresslevel und mangelnde Resilienzfähigkeit begünstigt. Die gute Nachricht ist, dass sich diese Nervenzellen durch Abbau von Stress zum Beispiel durch Achtsamkeit oder Meditation auch wieder regenerieren können.
Das Immunsystem
Chronischer Stress wirkt sich negativ auf Dein Immunsystem aus, da Deine Abwehrzellen auf die Stresshormone reagieren. Du wirst anfälliger für Infekte, Müdigkeit, Entzündungen, Schlafstörungen und Co. Eine starke Resilienz kommt also nicht nur Deiner mentalen sondern auch Deiner physischen Gesundheit zu Gute und hält Dich fit und jung.
Mehr über die Auswirkung von Stress auf Deine Telomere findest Du hier.
Growth Mindset und was es mit Resilienz zu tun hat
Eine Frage zum Einstieg: Siehst Du in einer Krise eine unveränderliche Misere, die Dein Tun und Handeln lähmt? Oder siehst Du in einer Krise Möglichkeiten? Möglichkeiten des Umdenkens, die Chance zu lernen, die Chance der Veränderung?
Gehst Du geläutert oder gestärkt aus einer Krise?
Man kann die Art und Weise, wie man die Dinge betrachtet selbst beeinflussen. Die Grundvoraussetzung dafür ist jedoch ein dynamisches Selbstbild.
Dynamisches Selbstbild (Growth Mindset)
Die amerikanische Psychologin Carol Dweck beschreibt in ihrem Buch „Selbstbild – Wie unser Denken Erfolge und Niederlagen bewirkt“: „Ein dynamisches Selbstbild steht für die Überzeugung, dass Fähigkeiten entwickelt werden können.
Es unterstützt Dich darin, aus einem „ich kann das nicht“ ein „ich kann das NOCH nicht“ zu formulieren und bietet Dir einen Koffer voller Möglichkeiten und Strategien auf äusserliche Einflüsse zu reagieren.
Statisches Selbstbild (Fixed Mindset)
Ist man dem fixed Mindset, also dem statischen Selbstbild anhaftend, so stellt dieses nicht nur eine Herausforderung oder gar Hindernis für (persönliche) Weiterentwicklung dar.
Menschen, die dem statischen Selbstbild angehören lassen sich von Rückschlägen beeinflussen, da sich diese negativ auf ihr Selbstvertrauen auswirken. Sie gehen Dinge erst gar nicht mehr an, werfen die Flinte schnell ins Korn oder suchen die Schuld bei Anderen.
Was hat das mit Resilienz zu tun? Eine Menge wie ich finde. Denn, das richtige Mindset ist die Grundlage all Dessen was wir brauchen, um ein glückliches, gesundes und erfolgreiches Leben zu führen. Es beeinflusst unser Denken derart, dass es darüber entscheidet, ob wir Dinge eher als positive Herausforderung sehen, an der wir wachsen können oder als Bedrohung des eigenen Egos.
Erlebe ich eine Niederlage kann ich also gestresst, ängstlich, selbstzweifelnd darauf reagieren oder aber, ich überlege, welche positiven Erkenntnisse ich aus der Situation ziehen kann und nutze sie als Ressourcen in einer künftigen, vielleicht ähnlichen Situation.
Die unternehmerische Perspektive der Resilienz
Aus der mikroperspektive Mensch ist es also mehr als nachvollziehbar, warum es vorteilhaft ist, die eigenen Resilienz zu stärken. Und aus unternehmerischer, der Makro Perspektive?
Klares „Ja“! Daher abschließend ein paar Worte hierzu.
New Work, digitale Revolution, Cost Cuttings, Umbrüche und Veränderungen belasten den einzelnen Mitarbeiter – den Einen mehr, den Anderen weniger. Die Eingangs erwähnten zusätzlichen Herausforderungen der Pandemie mengen sich dem ohnehin explosiven Gemisch bei. Das Grundbedürfnis und einst stabile Gebilde der psychologische Sicherheit gerät massiv ins Wanken.
Kurzfristig mag es aus unternehmerischer Sicht logisch erscheinen, den Wünschen der Aktionäre nach ordentlichen Renditen nachzukommen. Allerdings führen kurzfristige Lösungen meist zu langfristigen Problemen.
Der einzelne Mitarbeiter ist mehr als das Individuum
Es wäre daher ein fataler Fehler eines Unternehmens nur auf Kostensenkungen und Ertragssteigerung zu schauen steht hinter all diesen Prozessen doch immer das Individuum und aus diesem heraus entstehen die Interaktionen mit Kollegen.
Dort wo Individuen interagieren kommt es zu einer Einflußnahme auf das System – in Form der Kultur, der Performance, operativer Prozessen und damit letztlich der Unternehmensresilienz.
Insbesondere in unsicheren Zeiten ist es daher unerlässlich, die Kurzfrist-Brille abzulegen und Maßnahmen zu ergreifen, die das langfristige Überleben der Organisation sorgen.
Organisations Resilienz
Der einzelne Mitarbeiter, seine Gefühlswelt, damit sein Denken und darauf basierend sein Handeln, sein gesamte Mindset ist die wichtigste Grundlage von Organisationen.
Daraus entstehen wiederum andere Widerstandsfähigkeiten.
Eine McKinsey Studie aus 2020 sagt beispielsweise über die operative Widerstandskraft: „adopting a holistic, cross-functional approach to operational resilience can improve a company’s overall resilience by 30 to 40 percent“. In der Konsequenz lässt sich ableiten, dass dies am Ende auch positiv auf die Finanzkennzahlen wirken kann. Happy Shareholder also. Diesmal allerdings langfristig gedacht.
Zurück zu Dir
Im Internet gibt es zahlreiche Resilienztests, die Dir verraten wollen, wie es um Deine Widerstandskraft bestellt ist.
Mit wenigen einfachen Fragen, kommst du der Sache also auf die Spur. Aber wie kannst Du Deine Resilienz stärken? Dass ich ein Fan von Meditation und Yoga bin, wirst Du auf meiner Seite vermutlich schon gespottet haben. Daher möchte ich Dir heute noch zwei weitere Tools aus der positiven Psychologie mit an die Hand geben.
Miniurlaub
Estelle Dir eine Liste mit 10, gerne mehr, Aktivitäten, die Dir Energie spenden. Plane an mindestens 4 aus 7 Tagen in der Woche einen Termin mit Dir selbst (und vielleicht einem lieben Menschen) ein, in dem Du Deinen Miniurlaub genießt.
Halte Dich an Deine Verabredungen mit Dir selbst. Sie sind Ausdruck der Wertschätzung Dir selbst gegenüber.
Resümiere einmal in der Woche, wie es Dir mit Deinem Miniurlaub ergangen ist. Darf noch etwas hinzu kommen? Soll eine Aktivität ausgetauscht werden? Hör auf Dein Bauchgefühl. Der Kopf darf nämlich auch ab und an die Ferien geniessen.
Die Idee hinter der Übung ist, dass Du Dir ganz bewusst Regenerationszeiten schenkst, um Deine Akkus aufzutanken und Dein Gemüt zu erfreuen.
Ressourcen Spotting
Ressourcen sind grade in stressigen Zeiten ganz wunderbare Anker, um sein persönliches Segelschiff des Lebens nicht aufs offene Meer zuzusteuern und sich darin blind zu verirren.
Rufe Dir für diese Übung eine herausfordernde Situation, in der Du Dich vielleicht klein und unwichtig gefühlt hast oder die eine ordentliche Portion Mut gefordert hat, die Du jedoch erfolgreich gemeistert hast vor Augen. Beantworte, gern schriftlich, folgende Fragen:
- Was war ganz konkret die Herausforderung?
- Wie bist Du mit der Situation umgegangen?
- Was hat Dir geholfen sie zu meistern? Auf welche Deiner Stärken konntest Du Dich verlassen?
- Gab es vielleicht andere Menschen oder bestimmte Handlungen, die Dir dabei geholfen haben?
In den Antworten auf diese Fragen liegen Deine Ressourcen versteckt. Notiere sie auf einen Zettel, den Du immer bei Dir trägst. Ergänze ihn, wann immer Du neue Ressourcen entdeckst und ziehe ihn zu Rate, wenn Du mal wieder vor einer Herausforderung stehst.
„Das Größte, was man erreichen kann, ist nicht, nie zu straucheln, sondern jedes Mal wieder aufzustehen“ Nelson Mandela.
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